Text excerpt on the POLISH PERSPECTIVE, by Monika Stefanek
“Rasant baut die national-konservative Regierung Polens den Staat um. Eine besondere Rolle spielt dabei die Kultur – als ideologisches Instrument.(…) Auch heute werde Polen nicht selbständig regiert, so sieht es die PiS, sondern mit Brüssels Hilfe. Zwar stellt niemand die EU-Mittel in Frage, die in den letzten Jahren reichlich nach Polen flossen; doch der Einfluss der europäischen Gemeinschaft auf das politische, gesellschaftliche und kulturelle Leben, insbesondere, was die Gleichberechtigung der unterschiedlichen Religionen und sexuellen Minderheiten betrifft, scheint vielen viel zu weit zu gehen. Die patriotische Kultur soll ein Heilmittel sein, das die christlichen Werte vor dem moralischen Zerfall bewahrt.
Auch in diesem Sinne baut die neue Regierung nun das Land um. Die raschen Veränderungen stoßen allerdings nur bei wenigen Kulturmachern auf Verständnis. Viele sorgen sich, dass die in den letzten 26 Jahren erkämpfte Freiheit in Gefahr gerät. »Ich habe Angst, dass die heutige Macht Kunst mit Propaganda verwechselt«, sagte Krystyna Janda, eine der bekanntesten polnischen Schauspielerinnen, in einem Interview für das Wochenmagazin »Newsweek Polska«. 2006 erhielt sie die Karlsmedaille für ihre Verdienste um das Zusammenwachsen Europas. »Wird es für die Geldgeber wichtig sein, dass wirklich gute Werke über unsere Geschichte entstehen, oder geht es eher darum, die Macht zu glorifizieren?«, fragt Janda.Obwohl der Kulturminister Piotr Gliński die Einführung der staatlichen Zensur bestreitet, scheinen die Sorgen vieler Künstler berechtigt zu sein. Gliński forderte Anfang des Jahres von Jan Klata, dem Direktor des Alten Theaters in Krakau, Videoaufzeichnungen von allen dort aufgeführten Theaterstücken ans Ministerium zu senden. Sie sollen »der inhaltlichen Kontrolle« unterliegen. Im Streit um das angebliche Porno-Stück von Elfride Jelinek in Breslau sprach Gliński direkt von möglichen finanziellen Kürzungen, falls sich das Theater nicht an die Anweisungen des Ministers halten sollte. Die Entwicklung in Polen wird auch von in Berlin lebenden polnischen Künstlern beobachtet. »Nationalistische Rhetorik in der Politik, das weckt natürlich Erinnerungen an die dunklen Zeiten in Europa, die wir nur zu gut aus den Geschichtsbüchern kennen«, sagt Maria Kossak. Die 33-jährige Künstlerin und Fotografin engagiert sich mit ihrer Plattform »Berlin-Warszawa @rtpress« für den Austausch zwischen deutschen und polnischen Künstlern. »Das von dieser Art Rhetorik nun vermehrt in Warschau Gebrauch gemacht wird, ist für mich eine schmerzhafte Entwicklung.«
Es gibt aber auch Künstler, die die heutige Lage in Polen als Chance betrachten. Sie meinen, die Kunst blühe auf, wenn sie von der Regierung begrenzt werde. Maria Kossak sieht das anders: »Ich halte das für naiv. Die Chance, die diese Entwicklung mit sich bringt, sehe ich eher darin, dass sie uns zeigt, wie brüchig das Gefüge unserer Demokratie ist, und dass wir erkennen, dass wir die Freiheit nicht für immer geschenkt bekamen.«“
Der Artikel “Kultur im Dienst des Staates” ist erschienen in: “128 – Das Magazin der Berliner Philharmoniker”
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